...ruessbrugg retour ond es bizzli meh...damol oschtwärts...

Donnerstag, 27. Oktober 2016

Türkei - Südosten

Nach einer Woche mediterranem Urlaub in Side brechen wir weiter gegen Südosten auf. Wir fahren durch eine unendliche Allee von Luxushotels. Viele stehen leer oder sind nur spärlich besetzt. Die aktuelle Krise ist insbesondere bei den grossen Hotels fühlbar. Nach Alanya hört der ganze Touristenspuk endgültig auf. In Gazipasa wandelt sich die gute Autostrasse in ein enges, holpriges Küstengebirgssträsschen welches uns in die Ausläufer des langen Bergzuges Toros Daglari (Taurus) bringt. Ab und zu schimmert das tief königsblaue Meer bis zu uns hinauf. Wir sind auf guten 500 Meter Höhe und schauen fasziniert zwischen den Pinienwälder zur Küste runter. Felsige Halbinseln, eine wild zerklüftete Küste mit etlichen, oft schwer erreichbaren Sandbuchten und wildromantischen Berghöhen prägen die kaum besiedelte Region. Unten in den Ebenen wird überall Muz angebaut. Muz sind kurze, dicke Bananen. Ein alter Türke rät Robert keine solchen Bananen zu essen, da der Genuss zu nachhaltiger Impotenz führt...? Scheinbar wird ein von Spanien importiertes, gelbes und pulverartiges Düngemittel dem Giesswasser zugefügt. Endlich etwas welches die Vitalität in geordnete Bahnen lenkt! Der Türke hat Robert irritiert und voller Zweifel angesehen.

Wir erreichen Anamur. Die Rosinen dieses blassen Landstädtchen sind das antike Anamurium und der Buben- oder Männertraum: die Burg Anamur, Mamure Kalesi. Da konnten die Männer noch richtige Ritter sein! Es ist eine zinnenbewehrte und mit 36 Türmen versehene Bilderbuchburg. Sie ist die grösste mittelalterliche Burg der türkischen Küste. Ihre Geschichte geht bis zur byzantinischen Zeit zurück, aber für ihr heutiges Aussehen waren die armenischen Fürsten verantwortlich. Während den Kreuzzügen haben hier bereits die Kreuzritter Quartier bezogen. 

Wir schlagen am Fusse der Mamure Kalesi im paradiesischen Camp „Paradies“ unser Lager auf. Die Sicht auf die Burg ist einmalig. Am Abend spät treffen wir zufällig Recep am Strand, den liebenswerten Gärtner der Burg. Er führt uns am anderen Tag kompetent durch das Gelände der Burganlage. Am Schluss gibt es, wie so oft, türkische Gastfreundschaft in Form von Tee, knackigen Salaten aus dem Burggarten und eine tiefrote Rose für Maria.

Bald wird dies alles vorbei sein. Dann werden die Schergen der UNESCO ihre Ticket Corner aufgebaut haben und Leute in Uniformen und Krawatten werden übersatte Eintrittspreise „heuschen“ (Schweizer Dialekt). Die UNESCO erscheint uns leider immer mehr als der überlange Arm der Tourismus Branche.

Wir bleiben eine Woche am wunderschönen, einsamen Sandstrand von Anamur. Der Chef vom Camp Paradies, Peder, 77-jährig, gesundheitlich angeschlagen, beklagt sich bei Robert lange und bitterlich über die nicht vorhandenen Handwerker in der Türkei. Auch die neu aufgetauchten Syrer könne man "in der Pfeife rauchen", Peder spricht sehr gut deutsch. Iraker und Syrer werden in der Region despektierlich als Araber bezeichnet. Das Wehklagen zieht sich so lange hin, bis ihm Robert die Klempner Arbeiten um die Küche durchführt sowie die Druckwasser-Ringleitung um den grossen Pavillon repariert. Diese war vor kurzem von einem Syrer bei Grabungsarbeiten durchgehackt worden.

Es fällt uns sehr schwer uns von "unserem" langen Sandstrand zu trennen da wir genau wissen, dass dann gleichzeitig die angenehmen, trockenen 30 Grad endgültig vorbei sein werden.

Küste etwas 50 Kilometer vor Anamur

Anamur - Bananenanbau unter Plastik-Dächern

...alles noch gut !

nur die Fotografin hatte die kommende Welle gesehen !
(Verräterin in den eigenen Reihen)

osmanische Rindfleischpfanne

fantastische Burg Anamur, Mamure Kalesi

die Fotografin...

weiter Sandstrand - nur für uns zwei alleine

von der Burg zum Sandstrand

rechts im Wäldchen steht Camionette im Schatten

die Fotografin, lacht immer noch !

Innenhof der Burg

...auch nachts sind wir unterwegs...


vom Camionette aus, um 07'00 Uhr

eine der schönen Blumen im Camp Paradies

Donnerstag, 20. Oktober 2016

Türkei - Südwesten

In Kusadasi, dem grössten Urlaubsort der türkischen Ägäis erwartet uns der schöne und ruhige Campingplatz Yat mitten in der Stadt direkt am Meer. Hier ist ein Kommen und Gehen der Luxusliner der Kreuzfahrt-Touristen. Wir bleiben 3 Tage und brechen dann 200 Kilometer ins Landesinnere auf. 

Pamukkale ist unser nächster Halt. Die Kalksinter-Terrassen gehören zu den berühmtesten Attraktionen der Türkei. Darüber liegt die antike Stätte Hierapolis. Das Dorf Pamukkale Köy gibt selbst nicht viel her, ausser Tausende von Mücken. Weitere 200 Kilometer südlich ist der Nationalpark Güllük Dagi mit den antiken Ruinen von Termessos. Die herrliche Stätte liegt in atemberaubender und schwindelerregender Höhe. Zuerst fährt man im Nationalpark 9 Kilometer steil bergauf und marschiert dann gute 2 Stunden noch steiler hinauf. Dies bei 30 Grad im Schatten! Das antike Theater, zwischen Bergen eingebettet, ist schlicht phänomenal. Keuchend, mit rasselnder Lunge und mit rasendem Puls erreichen wir den obersten Gipfel. Der Hüttenwart Abdullah begrüsst uns überschwänglich mit Tee (er hatte zuerst mit dem Fernglas nur Maria gesehen…). Er freut sich jedes Mal wenn sich jemand bis zu ihm hoch oben verirrt. Abdullah kontrolliert ob irgendwo im Nationalpark Feuer ausbricht.

Aktuell werden in der Region im Tal tonnenweise Granatäpfel geerntet. Side, „Granatapfel“, ist der Name der Stadt am Meer. Wer kennt sie nicht, die riesigen „all-inklusiv-Hotelkomplexe“ hinter den weiten Sandstränden von Antalya? Side, oder besser Slimiye, ist aber mehr. Es ist eine Mischung aus Freilichtmuseum und Basarmeile. Die Tausend Restaurants und Boutiquen wurden von den Einwohnern einfach in die antike Stätte integriert. Nach dem ersten Hingucker stört man sich daran, aber nach kurzer Zeit haben wir es toll gefunden. Es wird geshoppt, flaniert, gegessen und gefeiert.

Wir campen (!) als einziges Fahrzeug in der kleinen Pansiyon Istanbul mitten im Zentrum. Die Pension wird vom hilfsbereiten Yasar und seiner Familie geführt.

http://www.istanbulpansiyon.info

Unsere Ankunft in Side führte zu einem kleinen Volksauflauf da unser sonst braves Camionette, aus einer Laune heraus, plötzlich rückwärts ein schönes Taxi angesprungen hat. Dem Camionette geht es gut, das Taxi sah übel aus.

Camp in der Hotelanlage Berksoy in Bergama
(Camionette stand direkt neben dem Pool)

Kusadasi

Camping Yat inmitten von Kusadasi

Kalksinter-Terrassen bei Pamukkale

nur noch Persil wäscht weisser - Pamukkale




Granatäpfel

...Äpfel...holzig zu essen

unendlich viele Olivenbäume

Aufstieg nach Termessos

immer steiler nach Termessos

Wir haben Termessos erreicht!

Termessos

atemberaubend - schwindelerregend - einfach schön!

ich war irgendwie zu schwer - die Steine haben nachgegeben

immer weiter: Abdullah - Hüttenwart auf dem höchsten Punkt vom Güllük Dagi Nationalpark
(nach Termessos geht es nochmals gehörig steil nach oben)



Einheimische beim türkischen Brettspiel - ganze Restaurants voll von ihnen!

in Side: kulinarisch verwöhnt

antikes Side

antike Säulenstrasse Side

sitzende Aphrodite vor der Akropoli von Side

Taxi in Side - vom Camionette plötzlich rückwärts angesprungen
(sogar die Vordertüren waren schwer zu öffnen)
Taxi: Ende gut - Alles gut !

Freitag, 14. Oktober 2016

Türkei - Völlige Integration hat auch Nachteile!

In Oeren fragt uns gegen Abend ein älterer Türke aus welcher Aargauer Region wir kommen. Er wirkt etwas verlegen, fast scheu, aber er spricht waschechten Solothurner Dialekt. Nach kurzer Zeit taut er auf.

Erdin ist 1972 als 18-Jähriger aus der Türkei (Istanbul) in die Schweiz ausgewandert. Bei der Papierfabrik Biberist findet er zunächst für über 2 Jahre eine Anstellung als Betriebsmechaniker und kann dann zur Sulzer AG, Zuchwil als Maschinenmechaniker wechseln. Er wohnt in Subingen und schliesst sich kurz darauf dem örtlichen Fussball-Club an. Nach einigen Jahren heiratet er seine türkische Freundin. Er holt sie in die Schweiz und sie bekommen einen Sohn. Nach seiner aktiven Fussballer-Zeit wählt ihn der Verein in den Vorstand.

Die Zeit zieht sich dahin.

Er bleibt der Sulzer Maschinenfabrik über 38 Jahre treu, bis die Sulzer Tore in Zuchwil geschlossen werden. Erdin ist in diesen Jahrzehnten mit Haut und Haaren Schweizer geworden. Der Gemeindepräsident von Subingen wollte die Familie bereits nach 10 Jahren einbürgern. Doch die Geldsumme für die Einbürgerung von 3 Personen konnte Erdin damals nicht aufbringen. Nur der Sohn wird eingebürgert.

Nach der Schliessung des Sulzer Werkes entscheidet sich Erdin und seine Frau schweren Herzens nach Istanbul zurückzukehren. Der Sohn bleibt. Beide werden aber in Istanbul nicht warm. Sie ziehen anfangs 2015 nach Oeren. Dieser Ferienort liegt in der Nordägäis direkt am Meer. Oeren ist ein netter Ort. Die Leute sind freundlich. Das Wetter ist meistens gut und der weite Sandstrand liegt nahe und er ist sehr sauber. Dem Paar geht es finanziell ausgezeichnet. Die AHV und die Rente der Pensionskasse treffen seit 2 Jahren regelmässig und pünktlich ein. Wie sich das auch für die Schweiz so gehört.

Doch Erdin und seine Frau waren viel zu lange in der Schweiz. Wenn Erdin von der Schweiz erzählt, leuchten seine Augen und seine Stimme wird heiser. Er steht heute noch mit seinen ehemaligen Arbeitskollegen und Freunden in Subingen in Kontakt. Aber hier in Oeren hat Erdin keinen einzigen Freund. Er und seine Frau haben sich nicht mehr in den türkischen Kulturkreis integrieren können. Ihre Denkweise und ihre schweizerischen Wertvorstellungen stimmen nicht mehr mit der türkischen Lebensweise überein. Zudem klafft bei Erdin eine erhebliche und unüberwindbare Lücke in Sachen Ordnung, Pünktlichkeit, Planung, Organisation und Zuverlässigkeit zu seinen türkischen Landsleuten.

Ja – Erdin ist in diesen über 40 Jahren Aufenthalt in der Schweiz ein „biederer“ Eidgenosse geworden. Er hat sich bei uns mehr als nur integriert. Doch die Rück-Integration in sein ureigenes Heimatland Türkei gelingt ihm irgendwie nicht mehr.

Wenn er die Familie seines Sohnes in der Schweiz besuchen möchte, muss er sich um ein Visum bemühen. Dies ist mit grossem und erheblichem Papierkram verbunden. Nach diesen über 40 Jahren Arbeit in und für die Schweiz schmerzt ihn diese behördliche Auflage sehr. Die Schweiz ist unbewusst sein Heimatland geworden. Die Schweiz gehört zu ihm oder er zu ihr.

Erdin lässt uns diesen Abend kaum mehr los. Beim Abschiednehmen hat Erdin feuchte Augen. Erdin hat uns berührt.


Samstag, 8. Oktober 2016

Türkei - Nordägäis

Zurück von Gökceada durchqueren wir die südliche Landzunge der Halbinsel Gallipoli. Auf der ganzen Halbinsel begegnen wir Mahnmalen die an die vernichtende Niederlage der Alliierten im Jahre 1915 erinnern. Mustafa Kemal (Atatürk), der Vater aller Türken, hatte den Engländern, Australiern und Co. auf ureigenen Boden nachhaltig das Fürchten gelehrt! Scheinbar eine ¼ Million von ihnen hat der spätere Staatsgründer der Türkei in die ewigen Jagdgründe befördert. Was sucht denn hier auch ein australischer Soldat runde 20‘000 Kilometer von seiner Heimat entfernt?

Ansonsten bleiben uns die weiten Weizen-, Maisfelder sowie tausende von silbergrau-glänzenden Olivenbäume in Erinnerung. Der Blick auf das tiefblaue Meer weckt angenehme Ferienerinnerungen.

Wir verlassen den europäischen Teil der Türkei vom Kleinstädtchen Kilitbahir aus. Eine niedliche Fähre bringt uns nach Canakkale in den asiatischen Teil des Landes. Innerhalb von 2 Wochen waren wir 5 Mal auf einer Fähre. Wir betreten zugleich den Boden der Nordägäis. Im Hinterland sehen wir Olivenhaine und Pinienwälder. In den Ebenen erstrecken sich landwirtschaftlich intensiv genutzte Felder. Alles hat seine Ordnung.

Toscana Charme im orientalischen Gewand!

Die Nordägäis ist ein uraltes Siedlungsgebiet. Davon zeugen die Ausgrabungen der antiken Metropolen Troya, Assos, Pergamon und Ephesus. Ephesus ist mit Abstand die eindrücklichste. Hellenistische, byzantinische, römische und osmanische Stätte überraschen uns auf charmante Art. Wenn man Jerash und Petra in Jordanien besucht hat ist man verwöhnt. Assos und Pergamon sind auch sehr schön. Um Troya ist bei uns in Europa viel überdehntes, archäologisches Geschwätz und in der Praxis vor Ort wenig handfestes zu sehen.

Das Gebiet ist äusserst buchtenreich, die Fahrten auf den engen Küstensträsschen strapaziös. Rauf-runter-links-rechts-bremsen-ausweichen-rauf-runter… Manchmal suchen wir Erholung auf der zweispurigen, verkehrsarmen Autostrasse.

Im Ferienort Oeren rekognoszieren wir unseren Stellplatz nicht ganz „optimal“. Er schien zunächst perfekt, vielleicht zu perfekt. Wann stehen wir schon auf englischem, tiefgrünem Rasen direkt vor dem weiten Sandstrand? Gegen morgen fahren links und rechts vollautomatisch-gesteuerte, hocheffiziente Rasensprenger aus dem Boden – wie aus dem Nichts. Einer sogar unter dem Camionette! Maria ist gefangen und Robert schaut untätig aus der Ferne diesem nassen Spektakel zu. Wie kommt man wieder trocken in den Wagen? Aussichtslos.

Türken sind überaus kinderliebend. Ob Kinder in einem Restaurant weinen oder schreien, stört niemanden. Überall gibt es kleine und grosse Kinderspielplätze, richtige Spiel-Paradise. Sogar im Restaurants oder vor einer Bäckerei. In Oeren werden zudem auch wilde Hunde und Katzen ausserordentlich geliebt. Alle werden von der Gemeinde tierärztlich versorgt und gefüttert. In den Parks und neben dem Trottoir stehen automatische Wasserversorgungsstellen für sie bereit. Man glaubt es kaum!

am äussersten südwestlichen Punkt der Insel Gökceada

Eceabat

Eceabat - unten weinende Mutter der Soldaten

Kilitbahir Festung

antike Metropole Assos - Theater

Sicht zu der griechischen Insel Lesbos von den Ruinen von Assos

Assos...sie hat alle Säulen umgeworfen...

Einkauf in Bergama

alter Stadtplatz von Bergama

Pergamon Akropoli


Pergamon Theater mit Sicht auf die Stadt Bergama
Moschee in Bergama neben unseren Hotel Berksoy

Ephesus - grosses Theater - 24'000 Sitzplätze!

...hier kommen die Löwen raus...dann geht es zur Sache...

Löwenstrassen unter dem Theater

Bibliothek von Ephesus


Ephesus - Tor der Medusa

Das war die Nordägäis!